Hinter den Kulissen bei Walter Stallwitz

Der 87-jährige Mannheimer Walter Stallwitz gehört zu den Künstlern, die im kommenden Oktober 2015 in der Alten Sternwarte ausgestellt werden und da er einer der noch Lebenden ist, ist es eine Ehre für uns mit ihm zu arbeiten. Um ihn und seine Arbeit besser kennenzulernen, haben wir Stallwitz um ein Interview gebeten, das wir im Januar 2015 mit ihm geführt haben.

Als wir uns in seinem Atelier zur vereinbarten Zeit getroffen haben, war ich erstaunt wie kreativ und bunt das Atelier eingerichtet ist. Obwohl man den kreativen Einrichtungsstil von Künstlern erwartet, war es eine Überraschung, zu sehen wie Stallwitz nach so vielen Jahren, die er in seinem Atelier verbracht hatte, den Effekt seiner Räumlichkeiten beibehalten hat. Das Atelier ist auf zwei Stockwerke verteilt und bietet ihm so mehr Platz zum Arbeiten und Verstauen seiner Werke. Ich war begeistert von der Einrichtung und den Details, die das Atelier geschmückt haben. In den Räumen und an den Wänden hingen seine Porträts, Malpinsel, ein Tierskelettkopf, kleine Regale aus Pappstücken, Puppenköpfe in Käfigen und viele weitere skurrile Kleinigkeiten, die die Räumlichkeiten so einzigartig machen.
Gleich zu Beginn merkte ich, dass Walter Stallwitz ein fröhlicher und aktiver Mensch ist und ich war froh, dass ich die Chance hatte einen mir fremden Menschen und seine Geschichte kennenzulernen. Nachdem uns Walter Stallwitz freundlich begrüßt und leckeren Tee eingeschenkt hatte, fing ich an meine Fragen zu stellen und ihm aufmerksam zuzuhören. Ich fragte Stallwitz, in welchem Bezug er zur Sternwarte stand und wie er die Zeit dort empfand. Er erzählte, dass er sich in dem Atelier, das er schon seit 57 Jahren benutzt, sehr wohl fühlt und dort ungestört ohne Lärm arbeiten kann. Er genießt die Ruhe dort, die er dank der schalldichten Fenster hat und fühlt sich in der Sternwarte wie auf einer Insel. Nachdem ich ihn gebeten hatte, seine Arbeit zu beschreiben, erzählte er, dass die Menschen die wichtigste Rolle in seinen Werken einnehmen und dass er hauptsächlich Porträts gemalt hatte. Sein Ziel war es, immer das unverwechselbare einer Gestalt zu finden. Zu seinen Kunden gehörten prominente Leute, darunter Willy Brandt und James Baldwin. Sein Interesse für Soziologie und seine kritische Einstellung zur Politik spiegelt sich in seinen Werken wieder. Während des Interviews stand er auf und zeigte uns eins seiner Werke, das er „Rücksichtslos“ nennt und in dem er den Papst gemalt hatte, der die Kinder in Lateinamerika segnete und gleichzeitig das Leid und die Armut der Kinder ignoriert. Als ich ihn nach den Menschen fragte, die ihn inspirierten, nannte er seinen Freundeskreis als großen Einfluss und dass er den Maler Francis Bacon schätze. Es war witzig als er meinte, dass sich die Künstler untereinander generell nicht austauschten und nicht kritisierten. Vielmehr wurde immer über diejenigen gesprochen, die gerade nicht da waren. Aber das Verhältnis zwischen den Künstlern, die in der Alten Sternwarte lebten, war harmonisch.
Als er sich bei der Stadt Mannheim damals um das Atelier bewarb und die Zusage bekam, war das wie ein Wunder für ihn. Außer den persönlichen und traurigen Momenten, die er erlebte, erzählte er auch von lustigen Erlebnissen, die das Eis während des Interviews gebrochen und uns zum Lachen gebracht haben. Eine der lustigen Geschichten, die er uns verriet, war eine Anekdote aus der Zeit der Freien Akademie, als er als junger Student im Zeichenunterricht gemogelt hatte und den Professor an der Nase herumführen wollte, dann aber erwischt wurde.
Ich bin froh, dass ich die Möglichkeit hatte Walter Stallwitz zu interviewen und seine Geschichte kennenzulernen. Was er erzählte, hat mich bewegt und nachdenklich gemacht. Er sagte, man soll nie etwas tun was man nicht will und sich nicht korrumpieren lassen. Obwohl Stallwitz ein paar meiner Fragen unbewusst umging und manchmal keine Antwort hatte, war es überraschend zu sehen, wie redegewandt und aktiv er war. Er konnte sich an so viele Details aus seinem Leben erinnern und war bereit sie uns mitzuteilen. Es war sehr spannend und bereichernd für mich, einem Menschen zuzuhören, der schon so viel erlebt hat und trotz seines Alters noch so offen und tolerant ist. Ich hoffe, ich habe noch öfter die Gelegenheit so interessante Persönlichkeiten kennenzulernen und wichtige Lebensweisheiten für mich mitzunehmen.
Gastbeitrag von Yasemin Yurtsever – Vielen Dank, liebe Yasemin!
Foto: Manfred Rinderspacher

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