Wie eine Sinfonie – Teil I

„Es war nicht der Wunsch [Künstler zu werden], aber es ist einfach so passiert.“

BH

Ruth Hutter (*1965, Ludwigshafen am Rhein) schließt 1993 ihre dreijährige Ausbildung zum Steinmetz und zur Steinbildhauerin an der MHK Kaiserslautern ab. 1994 führt sie ihr Weg an die Hochschule für Bildende Künste Braunschweig, an der sie bis zur Jahrtausendwende bleibt. Hier trifft sie auf prägende Persönlichkeiten wie zum Beispiel Birgit Hein, bei der sie Meisterschülerin ist. Es folgen diverse Lehraufträge (2003 – 05: Lehrauftrag für Videokunst, Pädagogischen Hochschule Heidelberg;
2004 – 05: Lehrauftrag für Film/Video-Installation Hochschule für Bildende Künste Braunschweig), eine Gastprofessur für Video/Film/Foto an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig von 2005-06 und eine Vertretungsprofessur für Bewegtes Bild/Foto an der Hochschule Darmstadt von 2008-09. Zudem hat sie sich seit 2004 der Künstlerischen Leitung des FILMBÜRO MANNHEIM (GIRLS GO MOVIE, CLOSE UP, LADYFILM) in Mannheim verschrieben.

Heute widmet sich Ruth Hutter überwiegend der Lehre, unterstreicht aber im Interview „gerade wenn man lehrt ist es auch wichtig, dass man selbst noch arbeitet“. Uns hat sie verraten, welche beeindruckende Arbeit sie in der kommenden Zeit noch unbedingt verwirklichen will.

Exklusiv für Euch die spannendsten Parts aus dem Gespräch mit der Künstlerin:

ausstellung-sternwarte: Woraus ziehst du deine Inspiration?

Ruth Hutter: Vor 30 Jahren, als ich meine ersten Sachen gemacht habe, da habe ich sehr viel aus schmerzvollen Momenten raus gearbeitet, also Dinge, die mich bedrückt haben, die mich unfrei gemacht haben. Ich habe immer Themen genommen, die sehr präsent waren. Die letzten 5, 10 Jahre arbeite ich gar nicht mehr so explizit mit einem Thema, sondern es ist viel mehr so: es kommt ein Bild oder eine Einstellung und das mache ich dann. Es ist wie ein innerer Prozess. Und dann versuche ich das Bild entweder mit Video oder mit Foto nachzumachen, es zu kreieren und dann weiß ich was die Aussage ist. Mittlerweile ist es viel intuitiver.

ausstellung-sternwarte: Wie kam es zum Wechsel von Steinmetz zu Film?

Ruth Hutter: Ich sehe das ja heute als ein Sammelsurium von Dreidimensionalität, In-den-Raum-gehen. Mit Schauspiel hat es angefangen und dann habe ich gemerkt, es ist mir zu nah an meiner Person. Ich brauche Material dazwischen. Und dann habe ich irgendwie diese Bildhauerlehre gemacht. Sprache war auch nie so wirklich mein Ding. Ich habe in der Zeit immer noch Theater gespielt und wir haben angefangen mit Video zu arbeiten. Das lief parallel [Theater und Bildhauerlehre, Anm. ausstellung-sternwarte]. Damals habe ich aus den Improvisationen im Theater auch meinen ersten Film geschnitten.

ausstellung-sternwarte: Deine Kunst ist visuell ausgeprägt. Welchen Sinnes-Kanal sprichst du mit deiner Kunst außerdem noch an?

Ruth Hutter: In erster Linie den visuellen. Der Ton ist auch wichtig, aber der Fokus liegt auf dem Visuellen. Der Ton unterstützt das Bild auch immer ein bisschen. Wenn eine Installation zusammenkommt, ist es wie eine Sinfonie. Gerade bei komplexeren Arbeiten auf verschiedenen Monitoren. Wie so ein Flow.

ausstellung-sternwarte: Was ist dein Motto?

Ruth Hutter: Dass man mit den Dingen humorvoll umgehen sollte. Dass es wirklich Spaß macht, etwas zu machen. Humor, das ist vielleicht ein Motto. Dass man auch loslassen muss, also dieses ganz starke Wollen.

IG

Hutters Kunst beschäftigt sich mit gesellschaftskritischen und soziologischen Themen. Das Mensch-Sein an sich steht immer im Fokus.

ausstellung-sternwarte: Gibt es bestimmte Projekte, die du noch realisieren willst?

Ruth Hutter: Ja und Nein. Es gibt ein paar Dinge, die ich gerne machen würde, da braucht man so eine Spezialkamera und Geld. Das muss man beantragen, oder selbst bezahlen wäre noch besser. [Wenn es sich ergibt, würde sie das gerne machen. Anm. ausstellung-sternwarte]

ausstellung-sternwarte: Kannst du uns genauer erzählen, um was es geht?

Ruth Hutter: Es geht darum, ein Herz in Zeitlupe zu sprengen. Ich habe schon Herzen geholt von Tieren, die gibt es ja in türkischen Läden. Vielleicht mache ich es auch umgekehrt [umgekehrte Explosion, d. h. das Herz fügt sich zusammen, Anm. ausstellung-sternwarte] – das halte ich mir offen. Es ist eine simple Idee; man muss es ausprobieren. Ich würde es sehr groß projizieren, irgendwo hin. Es ist ja eine Redewendung, dass einem das Herz bricht, das kennt jeder, es ist was, was man immer mal wieder erreicht im Leben. Vielleicht ist es wie eine Erinnerung. Ich halte es immer noch für interessant, aber vielleicht, wenn man es gemacht hat, und dann sieht, ist es auch doof.

CE

ausstellung-sternwarte: Wie viel Ruth Hutter steckt in deiner Arbeit?

Ruth Hutter: (lacht) Das kann ich gar nicht sagen – alles…

ausstellung-sternwarte: Ist das alles wirklich Du?

Ruth Hutter: Na, ich meine, du bist ja auch nicht du. Du bist beeinflusst von ganz ganz vielen Dingen und bringst dann ein Produkt raus. Und das ist dann deins. Alles letztendlich, was du in dir trägst, was du siehst, was du wahrnimmst, was du fühlst, kommt in irgendeiner Form wieder raus. Und je länger man arbeitet, desto stärker kommt man ja immer an einen Punkt, wo man auch sich nicht mehr in Frage stellt als junger Mensch. Das hat Vor- und Nachteile, aber ich habe da inzwischen ein ganz tiefes Vertrauen, dass ich weiß, ob etwas richtig ist.

JM

Bald seht ihr hier einen weiteren Teil des Interviews mit der Künstlerin.

<3-lichen Dank für das interessante Gespräch, Ruth!

/HS
Das Interview führte Hanna. Es filmte Sina. Fotos: video stills und Foto Sina Petri

Sina Ruth und Hanna

 

 

 

 

 

 

3 Kommentare

  1. film und interview haben mir gut gefallen! kunst mit substanz.

    schöne grüsse

    g.v.

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  2. Hallo Herr Vormwald,
    es freut uns, dass Ihnen der Beitrag gefallen hat.
    Vielen Dank für Ihren Kommentar!
    /HS

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  3. Das Interview hat mir sehr gut gefallen – sehr authentisch und lebendig.
    Das macht neugierig und Lust darauf, sich mehr mit Kunst zu beschäftigen.
    Ich freue mich auf weitere Kunstwerke.

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